Unser Motto 2023: “Zukunft gemeinsam gestalten: Städtepartnerschaften als Chance im Kampf für grüne Innovationen und gegen die Klimakrise?”
Globale Herausforderungen, wie faire Ressourcennutzung, klimatische Veränderungen und Chancenungleichheit, sind derzeit so herausfordernd wie nie zuvor. Allein die Corona-Pandemie und der russische Angriffskrieg auf die Ukraine haben Migrationsbewegungen, Hungersnöte und Menschenrechtsverletzungen intensiviert und bereits seit Jahren existierende Problemfelder drastisch verschärft. Trotz akuter Dringlichkeit scheinen dadurch auch die 17 Nachhaltigkeitsziele immer weiter in den Hintergrund der globalen Politik zu geraten. So überschattet der Krieg in Europa derzeit wichtige Publikationen beispielsweise des UNHCR (erstmals mehr als 100 Millionen Menschen auf der Flucht, SDG 10,16), des Fachblattes „Nature Geoscience“ (Trockenheit von historischem Ausmaß – auch in Europa, SDG 13) oder von Hilfsorganisationen wie Care (die Zahl der unterernährten Kinder ist so hoch wie noch nie, SDG 2).
Gerade beim Thema „Klima“ wird der internationale Diskurs häufig von Industrienationen geführt und gelenkt. Dabei bleiben afrikanische Länder hier oft auf der Strecke. Doch das, was hier in Deutschland noch in ferner Zukunft scheint, hat Afrika längst erreicht: extremes Klima! Dabei ist die Rolle afrikanischer Länder in unserem globalen Netzwerk besonders interessant. Denn: obwohl der afrikanische Kontinent bereits stark unter dem Einfluss klimatischer Veränderungen steht, haben afrikanische Länder dabei einen deutlich geringeren Co2-Ausstoß als Industrienationen. Die Bewältigung transnationaler Herausforderungen wie Migration, Klimaveränderungen, die Durchsetzung von Menschenrechten u. v. m. fordert die Zusammenarbeit auf globaler Ebene.
Der afrikanische Kontinent ist für diese Herausforderungen ein zentraler Agent, wird jedoch nur selten in die Lösungsprozesse mit einbezogen, die seiner Rolle und Eingebundenheit gerecht werden würde. Eine Problematik bei den Kooperationen, die zwischen deutschen und afrikanischen Akteur*innen auf politischer Ebene bestehen, ist, dass diese zu häufig auf einer Ebene stattfinden, die die Mehrheitsgesellschaft und die einzelnen Bürger*innen und Communities nicht miteinbeziehen. Gerade die kommunale Ebene kann hier ein Bindeglied darstellen zwischen übergeordneten entwicklungspolitischen Zielen und einer Umsetzung, die die Bevölkerung miteinbezieht.
Städtepartnerschaften zum Beispiel haben sich seit der Mitte des 20. Jahrhunderts in Deutschland etabliert. Hierbei arbeiten verschiedene Städte aber auch Kommunen zusammen, bieten eine Plattform für Kooperationen auf verschiedenen Ebenen und führen selbst Projekte durch oder fördern auf unterschiedliche Weise den Austausch. Deutschland unterhält circa 6.500 solcher Partnerschaften, über 90 Prozent davon innerhalb Europas. Nach Afrika bestehen lediglich etwas über 50 Städtepartnerschaften. Im Kontext der globalen Herausforderung des Klimawandels ist gerade eine Zusammenarbeit mit afrikanischen Ländern politisch, wirtschaftlich und gesellschaftlich wünschenswert. Während „traditionelle“ Entwicklungshilfe als neokolonial verurteilt wird, da Hierarchien fortbestehen, kann bei kommunalen Partnerschaften eine Kooperation auf Augenhöhe angestrebt werden. Nach dem Motto lokale Zusammenarbeit für globale Themen soll der globale Austausch gefördert werden (SDG 17).
Im Hinblick auf den Klimawandel gibt es mittlerweile zahlreiches Engagement auf kommunaler Ebene. Doch fehlt auch hier die Perspektive afrikanischer Akteur*innen. Dabei sehen wir es als Problem, dass dem afrikanischen Kontinent in den Diskursen wieder einmal die untätige Opferrolle angedichtet wird, obwohl es eine große Bewegung in Afrika hin zu sogenannten Grünen Initiativen gibt. Von der Versorgung mit Solarstrom über innovativen nachhaltigen Baustoff bis hin zu Vereinen, die sich der Klimawandel-Aufklärung verschreiben, gibt es in Afrika einen weitreichenden Aktionismus, der sich den Herausforderungen des Klimawandels annimmt. Dieser ist in Europa jedoch weitgehend unbekannt. Wie bei so vielen anderen Themen wird ein falsches Bild von Afrika reproduziert und afrikanische Perspektiven sind stark unterrepräsentiert.
Wir möchten daher nicht nur über die afrikanische Realität aufklären und so für eine aufgeschlossene und tolerante Gesellschaft sorgen. Sondern wir möchten gleichzeitig die Mehrheitsgesellschaft in Berlin und Deutschland auf die eigene Verbindung zum Thema „Klima“ und „Grüne Innovationen“ aufmerksam machen und praktisch an eigene Möglichkeiten des Engagements im Rahmen von Städtepartnerschaften heran führen. Denn die Öffentlichkeit hat bisher wenig Kontakt mit deutsch-afrikanischen Städtepartnerschaften. Der Zugang zu den kommunalen Vertreter*innen ist nicht so leicht, wie wir bereits bei diversen Netzwerk-Veranstaltungen festgestellt haben. Die Mehrheit ist sich der Fördermöglichkeiten nicht bewusst und weiß nicht, wie an die Kommunen herangetreten werden soll.